Wir rücken als kleine Gruppe in einen Pub ein – urgemütlich und gar nicht mal so laut. Am Nachbartisch sitzen zwei Männer und sehen zu, wie langsam ihr Bier weniger wird. Die Bierdeckel kommen uns sehr vertraut vor, wie eine Luther-Rose. Sorry, I’ve got a question. Interessiert laden sie mich zu sich ein. Wie kommt Luther nach Bradford? Ah, you come from Germany! Aber diese Rose hat nichts mit dem Reformator zu tun. Es ist die weiße Rose von Yorkshire, das Symbol des Herrschaftshauses. Das Zeichen des ständigen Widerstreits mit Lancashire und deren roter Rose. So sind wir mitten in unserer Geschichte, mal der deutschen, mal der englischen. Und ganz schnell sind wir auch bei der Gegenwart: dem allgegenwärtigen Brexit, dem Niedergang der Textilindustrie und der Stärke (oder Schwäche) der Gewerkschaften. Inzwischen wird es lauter im Raum, alle reden sich warm und die Gläser sind längst nachgefüllt. Eins ist klar: glücklich sind sie alle nicht mit der aktuellen Entwicklung. Aber was soll man machen, die Kontrolle ist längst verloren und jetzt kommt es darauf an, das Beste aus dem Scherbenhaufen zu machen. Ändern können wir es nicht, so wenig wie das wechselhafte Wetter hier. Doch es gibt gutes Bier, nette Menschen und irgendwie wird es weiter gehen. Treffen wir uns mal wieder, in Erfurt, in Yorkshire oder sonstwo auf der Welt?
Text: Volkmar Schlisio
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