Faith Trail steht am Sonntagnachmittag auf unserem Programm. Glaubenswanderung. Im Regen wandern wir durch Bradford und lassen uns einladen von Gemeinden unterschiedlicher Religionen. Erster Halt ist der Sikh-Tempel. Am Eingang heißt es für alle, eine Kopfbedeckung aufzusetzen und die Schuhe auszuziehen. In Socken laufen wir durch ein Menschengewusel vorbei an einem großen Gebetsraum. Dort sitzt vor einem Baldachin, der mit mit rot-goldenem Stoff bespannt ist, ein Mann und spricht in lautem Singsang. Er scheint eine Art Vorbeter zu sein. In dem mit weißen Tüchern ausgelegten Raum sitzen einige Männer auf dem Boden und beten. Daneben eine Art Kantine, aus der Essensduft und Lärm dringt. Familien essen und reden laut durcheinander. Wir werden in einen Saal geführt, der wie der Gebetsraum ausgestattet ist. Wir erfahren was diese indische Religion ausmacht. Die Sikhs glauben an einen Schöpfergott und praktizieren fleißige Arbeit, Teilen und Meditation. Gemeinsam zu essen gehört dazu. Also werden wir in die Kantine eingeladen und dürfen kosten vom Fladenbrot und leckeren Soßen. Es schmeckt vorzüglich!
Weiter geht es durch den Regen zur Moschee. Im Spalier stehen ein Stück weit vor dem Gebäude ca. ein Dutzend vollbärtige Männer in traditionellen Gewändern und Kopfbedeckung, um uns willkommen zu heißen. „Na, ob das mal gut geht.“ sagt neben mir ein Chorsänger. Fremdes macht Angst. Nachdem wir reichlich Hände geschüttelt und die Schuhe ausgezogen haben, nehmen wir auf dem Teppich im Saal Platz. Zur Begrüßung wird uns eine Sure aus dem Koran rezitiert. Wohlüberlegt ist es eine Stelle, in der es um Maria geht. Wir lauschen dem arabischen Singsang. Der Imam erzählt uns vom Leben der Gemeinde. Im Distrikt Bradford leben ca. 130.000 Muslime. Das sind knapp ein Viertel der Einwohner. Die ersten Muslime siedelten in den neunzehnhundertfünfziger Jahren. Seitdem ist die Gemeinde stetig gewachsen. Die Gebetsräume wurden entsprechend immer größer. Nicht ohne Stolz erzählt er vom Bau der Abu Baker Masjid. Die Gemeinde unterhält mehrere Schulen. Mit der Stadt gibt es ein gutes Miteinander. In kleinen Gruppen werden wir durch das Haus geführt, dabei erfahren wir viel über die religiösen Rituale. Überall stehen nun kleine Grüppchen in Gespräche vertieft. Die Idee geht auf: wir reden miteinander! Während des Essens am leckeren Buffett gehen die Gespräche weiter. Eifrig wird uns von den Köstlichkeiten angeboten. Gefüllte Teigtaschen, Frittiertes und süße Kuchen, um nur Einiges zu nennen. Auch in der Moschee schmeckt das Essen! Wir haben viel bekommen, am Ende geben wir zurück was wir mitgebracht haben. Mit unseren Stimmen singen wir „Dona nobis pacem“. Wieder im Regen sage ich lachend zum skeptischen Mitsänger dass wir ja noch leben. “ Ja“, sagt er, „ein paar Vorurteile sind jetzt aus dem Weg geräumt.“
Dritte und letzte Station auf unserem Faith Trail ist der Hindu-Tempel. Brav ziehen wir auch hier wieder unsere Schuhe aus. Bevor wir den Tempel dann betreten, werden wir angehalten unsere Hände zu waschen. Sie haben die schmutzigen Schuhe berührt. Wir setzen uns auf den Boden und werden eingeladen zu einer Yoga-Übung. Zu einem Hare Krishna Mantra meditieren wir zwei Minuten lang. Das fällt manchen schwer. Der Schrein mit den kribbelbunten weiblichen Götterfiguren, die von ebensolchen Lichterketten eingerahmt werden, ist zur Meditation sicher etwas ungewöhnlich. Ein Lehrer versucht uns die hinduistische Religion zu erklären. Unsere Dolmetscherin, eine Pfarrerin der anglikanischen Gemeinde in Bradford, hat sichtlich Mühe beim Übersetzen. Auch uns fällt es schwer, zu verstehen. Der Hinduismus ist nicht so festgelegt, er lässt den Gläubigen viel Freiheit. Es gibt viele Götter und verschiedene Strömungen. Der Kosmos wird als geordnetes Ganzes betrachtet. Daraus erschließt sich die Achtung vor jedwedem Leben. Liebe ist Freiheit, so der Schlusssatz des Vortrages. Auch hier werden wir zum Essen eingeladen. Aus Achtung vor allem Leben essen Hindus vegetarisch. Also gibt es Tofu, Gemüse, Joghurtsoße und Fladenbrot. Es schmeckt köstlich!
Text: Dorothea Greim
Fotos: Christiane Claus und Dorothea Greim